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„Ich hab das Haus über Ebay Kleinanzeigen gefunden – 20.000 Euro, das hörte sich nach einem guten Deal an“, sagt Niclas. Der junge Musiker wollte die Lebensweise im Minihaus einfach mal ausprobieren und deshalb nicht gleich in ein neues investieren. Heute ist er nicht mehr so sicher, ob die Rechnung wirklich so günstig war…
Noch alles o.k. beim Probeschlafen
Zurück zum Anfang. Februar 2019: Das Probeschlafen auf dem Grundstück der Verkäufer in St. Peter Ording klappte prima. Der Preis stimmte auch und die Verkäufer waren sympathisch. „Ich war schnell entschlossen bei der Sache!“, so Niclas. Kurz darauf hat er sein Tiny House gekauft und durch eine Spedition nach Lichtenstein bringen lassen.
Überraschung unterm Laminat
Hier ließ die erste Überraschung nicht lang auf sich warten. „Eigentlich war schon beim Kauf klar, dass der Boden repariert werden muss“, so Niclas. Also zunächst die Küche ausbauen und dann das Laminat rausreißen. „Da hat sich gleich offenbart, was Sache ist. Man kann’s nur mit einem Wort sagen: totaler Siff!“, erinnert er sich. Die Trägerbalken für den Boden hatten zu viel Abstand zueinander. So war es kein Wunder, dass das Laminat im Minihaus durchhing. Und es gab keinen Unterboden aus Holz, sondern nur aus billigem, schadhaftem Pressmaterial.

Erst Minihaus dann Bau-Gerippe
„Als wir danach die unteren Holzbretter von den Seitenwänden entfernt haben, zeigte sich, dass hier stellenweise keine Dampfsperrfolie verlegt war – oder dort, wo’s es welche gab, Löcher drin waren“. Dann die Erkenntnis: So kann es überall hinter den Wänden aussehen. Also musste die komplette Wandverkleidung runter und das Bad musste ausgebaut werden.

Was Niclas hier zu sehen bekam, hätte wohl auch Bauleute zum Staunen gebracht, die schon richtigen Pfusch erlebt haben: Als Dämmung hatte man Mineralwolle-Bruchstücke verwendet, die kunterbunt und lose hinter der Holzverkleidung steckten. Offensichtlich Abfallmaterial aus anderen Bauprojekten. Hinter der Duschkabine gab es auf gut einem halben Quadratmeter überhaupt keine Holzverkleidung. Und hinter dem Spülkasten fehlte jegliche Dämmung.

Frustmomente im Minihaus
Eigentlich war das der Moment, wo man das komplette Projekt hätte auf die Müllhalde kippen können. Nicht so Niclas. Im Gegenteil: Er wollte probieren, was geht, damit sein Häusle flott wird. Mittlerweile war es Sommer und sein Vater aus Berlin war da und half ihm beim Rausreißen von Wänden und Dämmung. „Inzwischen war mein Zuhause nur noch ein Holzschuppen“, sagt der 36-Jährige. Gemeinsam verlegten sie zusätzliche Bodenbalken, damit das Parkett später schön stabil liegen würde. Dann kam eine hochwertige Dampfsperrfolie drauf. Für die Dämmung hatte sich Niclas im Internet über Schafwolle schlau gemacht: „Meiner Meinung nach das ökologischste Material für mein Minihaus“. Die Wolle musste er in Platten schneiden, damit sie in die Zwischenräume am Boden passten. Dann kam die zweite Dampfsperrfolie drüber. Genauso ging es an den Wänden und der Decke weiter. Im gleichen Zug erneuerten die Renovierer die gesamte Elektrik.
In edle Dielen investiert
Auch die Schlafempore und den Giebel über der Empore wollten die beiden komplett entkernen und dann wieder aufbauen. Der Vorteil: Auf die Art bekam die Schlafebene den gleichen tollen Bodenbelag wie der Wohnbereich: Edle Eichendielen.
Insgesamt haben sich die Renovierungskosten dann doch auf runde 10.000 Euro hochsummiert. Was auch an der neuen Küche liegt. Niclas hat eine super praktische – und vor allem flexible – Einbauküche installiert. Man kann sie mit wenigen Handgriffen erweitern und für bis zu vier Leute herrichten. Dafür haben Niclas und sein Papa ein Klappbrett angebracht, das sich als Tischverlängerung nutzen lässt.
Fotos Galerie: privat/all
Nach Augenmaß geschreinert
Ganz einfach, denkst Du sicher. Aber so ein Brett ist eben nicht mal schnell angeschraubt. Es passte irgendwie nicht! „In einem Tiny House kann man nicht immer nach Wasserwaage arbeiten“, lacht Niclas. Das Problem: Der Boden war uneben. „Deshalb mussten wir die Halterung für’s Brett ganze zwei Zentimeter oberhalb der Flucht des Küchenschrankes anbringen“.
Und dann gleich die nächste Nagel-…sorry… Schraubprobe: Die kam, als sie mal eben die Duschwanne einbauen wollten. Keine Chance! Denn der Boden war durch die Renovierung einfach ein Stück zu hoch geworden. „Okay….dann nehme ich einfach ein halbes Weinfass als Wanne. Das passt“, dachte Niclas und bewies damit: Downsizing fordert bisweilen kreative Lösungen! Ein kleines Waschbecken und eine Komposttoilette komplettieren seit geraumer Zeit die Sanitärausstattung.
Niclas Möbel im Minihaus
Blieb der Punkt „Einrichtung“: Hier hat sich Niclas für eine gemütliche Couch samt Kommode entschieden. Unter der Couch gibt es Stauraum für Kleidung und Dinge, die er wegräumen will.
Da der junge Musiklehrer oft zuhause musiziert und sich auf seinen Unterricht vorbereitet, brauchen auch seine Instrumente ihren Platz. Sie stehen auf der Kommode und – schnell greifbar – auf dem Boden neben dem Sofa. Eine seiner Drums hat er als Tisch umfunktioniert. Wenn er nicht trommelt, kommt eine solide Holzplatte drauf. Und danach das Laptop oder die Weinflasche – je nachdem, was gerade anliegt!
Hat sich die Tiny House – Renovierung gelohnt?
Hat sich der Aufwand für Niclas gelohnt? „Ja, auf jeden Fall!“, sagt er. Jetzt sei sein Tiny Haus ja auf dem besten Stand. Die neue Dämmung hat im ersten Winter super geholfen und die neue Küche macht ihm ebenfalls Laune. „Ich fühl mich tatsächlich sehr wohl hier!“, sagt er. Das findet auch Katze Emily, die gerade von draußen reinkommt und sich’s auf dem Sofa gemütlich macht.
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